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Queere Medizin

Gendermedizin untersucht Unterschiede in der Erforschung und Behandlung der Geschlechter – aber STOPP, gibt es davon nicht mehr als zwei? Welche Erfahrungen machen Menschen aus der LGBTQI-Community in unserem binären, d. h. Mann-Frau als Paar verstanden, Gesundheitssystem? Und was würde queere Medizin bedeuten?

Erfahrungen im binären Gesundheitssystem

Australische Menschen sprechen über ihre Erfahrungen im Gesundheitssystem

Wie Nunzio, Roz, Kelly oder Kian berichten, werden sie im Gesundheitssystem oft mit stereotypen Vorstellungen konfrontiert und dementsprechend behandelt: Sollte nicht jede Frau* Kinder kriegen wollen? In einer heterosexuellen Beziehung leben?

Diskriminierung in der EU und in Deutschland

Sobald ein Körper oder ein Lebensentwurf nicht den gesellschaftlich festgelegten Regeln entspricht, stößt er auf Widerstand im Gesundheitssystem – auch in der EU und in Deutschland. Nach einer LGBT-Umfrage in der EU von 2014 geben 42% der Studienteilnehmer:innen z. B. bei Ärzt:innenbesuchen ihre sexuelle Identität nicht offen an.1 1/10 von ihnen erfährt Diskriminierung, bei den Transmenschen sind es sogar 22%.2 Studien von Gabriele Dennert zeigen, dass unter den bisexuellen und lesbischen Frauen in Deutschland die Diskriminierungsrate bei einem Fünftel liegt.3

In ihrem Sammelband Trans & Care. Trans Personen zwischen Selbstfürsorge, Fürsorge und Versorgung (2019) umreißen Max Appenroth und Mariá do Mar Castro Varela einige Probleme:4

Forderungen für ein queeres Gesundheitssystem

Die Queergesund*-Studie ist ein Forschungsprojekt der FH Dortmund gewesen5, das 2015 eine deutschlandweite Onlineumfrage durchgeführt hat und mit den Teilnehmer*innen vier zentrale Forderungen entwickelt hat:6

Die Forderungen stellen infrage, was wir und unsere Gesellschaft überhaupt als “normale” Körper wahrnehmen und was sich davon abgrenzt. Außerdem sollte die Zweiteilung von Mann und Frau weiter hingefragt werden und akzeptiert werden, dass auf hormoneller oder genetischer Ebene mehr Varianten existieren und sich Menschen anderen geschlechtlichen Identitäten zuordnen. Eine LGBTQI-akzeptierende Versorgung würde beispielsweise gendersensible Versorgungsorte einschließen, die als solche öffentlich bekannt sind. Außerdem sollten Personen, die Diskriminierungserfahrungen machen, Stellen haben, an denen sie sich beschweren und Hilfe holen können.

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  1. Europäische Union (Hg.): EU LGBT Survey. European Union Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender Survey. Main Results, Luxemburg: Publication Office of the European Union 2014. []
  2. European Union Agency for Fundamental Rights (Hg.): Being Trans in the European Union. Comparative Analysis of EU LGBT Survey Data, Luxembourg: Publication Office of the European Union 2014. []
  3. Dennert, Gabriele, Die gesundheitliche Situation lesbischer Frauen in Deutschland, Herbolzheim: Centaurus 2005. []
  4. Appenroth, Max N. u. María do Mar Castro Varela, „Einleitung. Trans & Care: Das Recht auf eine gute Gesundheitsversorgung, Pflege und Sorgearbeit“, in: dies. (Hg.), Trans & Care. Trans Peronen zwischen Selbstfürsorge, Fürsorge und Versorgung, Bielefeld: transcript 2019, S. 19-31. []
  5. Vgl. Website FH Dortmund, Angewandte Sozialwissenschaften, Forschungsprojekt Queergesund, https://www.fh-dortmund.de/de/fb/8/forschung/queergesund/103020100000324451.php, Zugriff am 3. März 2021. []
  6. veröffentlicht in: Houben, Malin, Gabriele Dennert, Muriel González Athenas u. Constance Ohms, „Gesundheit ‚jenseits der Mann/Frau-Binarismen‘. Bedarfe an eine nicht-normative Versorgung in Bezug auf Körper, Geschlecht und sexuelle Orientierung“, in: Appenroth, Max N. u. María do Mar Castro Varela (Hg.), Trans & Care. Trans Peronen zwischen Selbstfürsorge, Fürsorge und Versorgung, Bielefeld: transcript 2019, S. 103-123. []

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