Frauen für Frauen
Irgendwo zwischen den Dokus von oder über Paris Hilton, Britney Spears und Taylor Swift musste ich für mich feststellen: Puh, ich habe wirklich sehr viel, das die Presse veröffentlichte, unhinterfragt akzeptiert und geglaubt. Und das, obwohl ich eigentlich weiß, dass Frauen in unserem Patriarchat für fast alles verantwortlich gemacht werden: ‚Sie zeigt Haut‘, ‚Sie zeigt keine Haut‘, ‚Sie datet nicht‘, ‚Sie datet zu viel‘, ‚Sie hat Kinder‘, ‚Sie hat keine Kinder‘ – ja wirklich alles, was frau macht, kann und wird gegen sie verwendet.
Umso ärgerlicher finde ich es, wenn Frauen oder Mädchen sich auch noch gegenseitig Steine in den Weg legen. Leider wurden viele von uns so erzogen und/oder sozialisiert, dass wir andere Frauen als Konkurrenz wahrnehmen. Traurig genug: Wenn es nur ein bestimmter Anteil von Frauen in Führungspositionen schafft, Patriarchat sei Dank, dann muss ich gucken, dass ich eine von ihnen bin. Koste es, was es wolle.
Ich denke aber, dass wir so nicht weiterkommen. Schließlich haben wir schon genug, wogegen wir ankämpfen. Ich kann und will nicht auch noch bei dem, was ich mache, konkurrieren müssen. Dann lieber gemeinsam gegen den Konkurrenzkampf antreten.
Dieser Text ist ein Plädoyer für Zusammenhalt, Solidarität und Unterstützung. Weil es einfach gut tut, dies zu erfahren. Was können wir also tun, im Kampf gegen den Konkurrenzkampf?
Me, meine Misogynie and I
Neben den wunderbaren Hashtags auf Social Media Plattformen wie #girlssupportgirls oder #womensupportingwomen ist meiner Meinung nach ein guter erster Schritt, misogyne Strukturen zu erkennen und zu hinterfragen. Dafür gibt es zum Beispiel online einige Tests oder Fragen, die einer:m helfen, die eigene Misogynie aufzudecken. Ich musste das ein oder andere Mal feststellen: Ich bin misogyn. Aber ich bin doch eine Frau?, wundere ich mich. Und dann fällt mir ein: The one and only Patriarchat, in dem wir alle groß werden, nimmt selbstverständlich Einfluss darauf, wie ich andere Frauen sehe, was ich ihnen zutraue, welche Annahmen ich über sie treffe. Deswegen spricht mensch in diesem Zusammenhang auch von „internalized misogyny“ (der verinnerlichten Misogynie).1 Es ist demnach wichtig, dass wir gesellschaftlich misogyne Strukturen aufbrechen, uns dieser bewusst werden und an uns arbeiten, sodass wir diese nicht in weitere Generationen tragen. Ein aktuelles Beispiel aus dem Fernsehen: Wenn ein vergebener Mann Grenzen seiner Beziehung mit einer fremden Frau überschreitet, sollte nicht die andere Frau dafür verurteilt werden, sondern der Mann.
Heute schon ein Kompliment gemacht?
Eine weitere Möglichkeit, sich gegenseitig zu unterstützen, sind Komplimente. Lilian hat bereits darüber geschrieben, dass wir Komplimente einfach annehmen sollten anstatt uns zu rechtfertigen und unwohl zu fühlen.2 Wir können uns gegenseitig pushen, wenn wir uns gezielt Komplimente untereinander machen. Ich habe dies im letzten Jahr geübt: Wenn mir eine Sache, ein Verhalten, irgendetwas an einer Frau positiv auffällt, war mein erster Instinkt lange: Neid und Missgunst. Anstatt diese Frau abschätzig anzusehen, ihr vielleicht sogar durch meine Blicke ein schlechtes Gefühl zu vermitteln, versuche ich jetzt schlicht im Stillen oder Lauten zu kommunizieren, was ich toll finde, was ich auch gerne hätte oder wie ich gerne wäre.
Ich versuche mir anzugewöhnen, in einem solchen Moment kurz inne zu halten und in mich zu gehen: Es ist egal, was mir nicht gefällt. Ich versuche, mich darauf zu konzentrieren, etwas zu finden, das ich toll finde. Manchmal sind es optische Dinge, manchmal unterstelle ich der mir fremden Frau jedoch auch Charaktereigenschaften, die meiner Einschätzung nach zu ihr passen könnten und die ich bewundere. Seitdem ich diese „Suche“ nach Bewundernswertem begonnen habe, ist es mir noch kein einziges Mal nicht geglückt. Und ich kann euch sagen, ich gehe so viel beschwingter durch die Welt. Und das nicht, weil ich mir bewusst mache wie viel toller ich noch sein könnte, sondern weil ich sehe, von wie viele bewundernswerten, starken, selbstbewussten und kämpferischen Frauen ich umgeben bin – ob ich sie nun kenne und meine Freundinnen nennen darf, oder nicht.
Ich kann euch nur empfehlen, es selbst einmal auszuprobieren.
Zur Sprache auf diesem Blog: Immer, wenn wir Genderbezeichnungen nutzen, beziehen wir uns gleichermaßen auf trans wie cis Menschen. Uns ist bewusst, dass die von uns verwendeten Begriffe soziale Konstrukte sind und es mehr als zwei Geschlechter gibt. Um gendersensible Sprache zu verwenden, nutzen wir den Doppelpunkt. Falls wir über eine Person schreiben, die sich eine andere Selbstbezeichnung wünscht, verwenden wir diese.
- Vgl. Feline: “Internalized Misogyny”: Unsere innere Frauenhasserin, https://innenansicht-magazin.de/2017/11/18/internalized-misogyny/, letzter Zugriff: 19.05.2021 [↩]
- Vgl. https://klitcologne.de/komplimente-annehmen/ [↩]