Weißer Feminismus, Intersektionalität und struktureller Rassismus
Für die weiße Frauenbewegung bleibt ihr Weißsein häufig ein blinder Fleck. Aber weißer Feminismus wird zum Problem, wenn er als universell für alle Frauen geltend gemacht wird. Denn der weiße Feminismus ist geprägt von einer privilegierten, heteronormativen Mittelschichtsperspektive. Menschsein (und feministisch sein) wird durch die weiße Brille als Norm gesehen. Aber im besten Fall ist Feminismus eine Bewegung für Chancengleichheit. Eine Bewegung, die alle ökonomischen, sozial und kulturell marginalisierten Gruppen befreien will. Für uns ging es im letzten Salon daher auch um eine selbstkritische Auseinandersetzung „unseres“ Feminismus.
“Die einzige Möglichkeit, gemeinsame Solidarität zu schaffen, ist, von den Kämpfen der anderen zu lernen und die unterschiedlichen Privilegien und Nachteile, mit denen wir alle der Bewegung beitreten, anzuerkennen.”
Reni Eddo-Lodge, Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche.
Ich als Gastgeberin bin letzten Endes durch meine Mutter auf das Thema meines Salons gekommen. Durch sie habe ich mitbekommen, dass Rassismus auch in feministischen Kreisen existiert. Anfang der 90er bewegte sie sich als türkische Frau in weißen Umgebungen. Damals gab es kein richtiges Bewusstsein für eine Verschränkung verschiedener Ungleichheit generierender Strukturkategorien (= Intersektionalität). Neben offenen Formen von Rassismus im Alltag machte meine Mutter in diesem Umfeld häufig Bekanntschaft mit den „positiven“ rassistischen Zuschreibungen, wurde ihr doch für ihr ‚Anderssein‘ besonders viel Aufmerksamkeit zugesprochen und sie somit marginalisiert. Das war für mich in meiner Lebensgeschichte sehr prägend.
Persönlich berührt hat mich das Thema dann durch einen Artikel zu den USA Wahlen, in dem darüber berichtet wurde, dass 53% aller weißen Frauen Donald Trump gewählt hatten. Über die Hälfte aller weißen Frauen Amerikas sprach also einer Gallionsfigur des offenen Rassismus und Sexismus ihr Vertrauen aus. Geht es darum, den eigenen Machtanspruch zu sichern, wird Rassismus scheinbar plötzlich verhandelbar.
Für mich muss Feminismus politisch sein. Die Auseinandersetzung mit (dem eigenen) Rassismus ist unbequem, aber ohne geht es nicht. Rassismus muss aus der rechten Ecke geholt werden. Es muss darüber gesprochen werden. Es muss möglich sein, dass ich als Rassistin betitelt werde oder ich andere des Rassismus bezichtige. Es darf hier kein Tabu geben. Ich für meinen Teil möchte noch stärker versuchen, aus meiner Bubble und meiner Komfortzone herauszutreten. Meinen Freund:innenkreis noch diverser zu gestalten. Offener zu werden.
In den kommenden Wochen werden wir uns kritisch mit dem Thema Intersektionalität auf unserem Blog und Instagram-Account auseinandersetzen und freuen uns diesbezüglich noch mehr als sonst über Rückmeldungen von euch. Denn in unserer Bubble bleiben unsere blinden Flecken leider häufig blind, ohne neue Perspektiven. Wir beschäftigen uns mit Intersektionalität und der Frage, warum white feminism gefährlich ist und informieren uns und euch über diversen Feminismus in Köln. Wie immer gibt’s am Ende unsere Medientipps zum Thema – schickt uns gerne bereits vorab eure Empfehlungen.