Geld
Wir haben diesen Monat keine ausführliche Rezension, aber dennoch eine kurze Buchvorstellung: ‚Geld‘ von Victoria Benedictsson (1885 i. O. Pengar) ist ein Klassiker der schwedischen Literatur!
Vom Frau werden und Geld haben
Der Roman wirft einen kritischen Blick auf die Versorgungsehe zwischen der jungen Selma Berg und dem bedeutend älteren Großbauern Pål Kristersson. Die Pfarrerstochter Selma verbringt eine unbeschwerte Kindheit und Jugend, die abrupt ein Ende findet, als sie unaufgeklärt in die Ehe eintrott. Im Verlauf des Romans bemerkt Selma die Zwänge, die ihr als Ehefrau in der schwedischen Gesellschaft auferlegt sind, und erkennt Bildung als wichtiges Emanzipationsmittel.
Aber es war nicht nur das Neue, sondern noch mehr das Alte, nämlich die Erinnerung an das, was sie bitter vermisste – die Jugend, das Leben, die Freiheit. Es war all das, was sie für Geld verkauft hatte und was nicht einfach gemacht und vorausberechnet werden kann, sondern von selbst kommen muss.
S. 121
Rezeption des Romans
Ihr fühlt euch an Effi Briest (1894-5) erinnert? Durchaus, die beiden Figuren ähneln sich sehr in ihrem Temperament! Im Unterschied zu Effi reflektiert Selma viel früher ihr Schicksal und hat in ihrem Kusin Richard einen offenen Gesprächspartner. Anlässlich seiner eigenen Partnerinnenwahl kritisiert Richard die Gesellschaft:
Am wenigsten behagt mir, dass sich Frauen in allem unwissend stellen müssen – dieses erbärmliche Komödiantentum, das jede Mutter ihrer Tochter beizubringen schuldig ist, nämlich die Augen niederzuschlagen und wegen nichtiger Dinge erröten zu müssen (…).
S. 144
Bei der ersten Übersetzung aus dem Schwedischen wurde 1890 das Ende noch abgewandelt, um der wilhelminischen Moral zu entsprechen. Für Benedictssons „Platz da, ich muss leben!“ gab es keinen Raum. Derlei Einschränkungen war die Autorin nicht nur in Deutschland ausgesetzt: In Schweden veröffentlichte Benedictsson ihre erste Novellensammlung unter dem Pseudonym Ernst Ahlgren.
Die neuste Übersetzung ist 2003 mit einem Nachwort des Übersetzers Johannes Wanner im Schweizer achius Verlag erschienen. Ihr findet das Nachwort hier.