Allgemein,  Wie Frauen über Frauen reden

Einführung: Wie Frauen über Frauen reden

Menschen reden über andere Menschen. Ziemlich viel sogar. Rund 15% unserer Gesprächszeit verbringen wir damit uns über andere Menschen auszutauschen. Tratschen, Dampf ablassen, Informationen austauschen man nenne es wie man will. Spannend ist jedoch, dass nicht grundsätzlich negative Informationen ausgetauscht werden. Frauen lästern nur marginal mehr als Männer obwohl hier die Themen viel öfter um Zwischenmenschliches kreisen.

Wann lästern wir also?

Immer dann, wenn in der Kommunikation ein Vakuum entsteht, im Prinzip also dann, wenn Gesprächsthemen ausgehen und Unwohlsein beginnt. Wie viel besser fühlt es sich an zumindest den gemeinsamen Boden dessen was man nicht mag auszuwalzen.

Was im ersten Moment anmutet wie ein Geniestreich um schnell Verbundenheit herzustellen wird später allerdings mehr oder weniger als Pyrrhussieg enttarnt..

Zum einen fällt Geläster auf den oder die Verzapfer:in zurück und lässt ihn oder sie wenig vertrauensvoll erscheinen und zum anderen, ist dann die gerade gegründete Allianz auch zeitlich so limitiert, dass sie kaum die nächste Lästerrunde an anderen Tischen durchsteht.

Lästern als soziale Kontrolle

Dabei hat Lästern neben dem offensichtlichen Dampf ablassen und Informationsaustausch auch andere, tiefergreifende Funktionen: eine soziale Kontrolle und die Etablierung des gemeinsamen Wertesystems. Auf eine subtile und kostensparende Art und Weise lassen sich subjektive Normen als allgemeingültig darstellen. Diese Norm ist jedoch mit Vorsicht zu genießen. Sie ist eine oft tagesformabhängige Mischung aus persönlicher Sympathie der betroffenen Person gegenüber und selbst Erlebtem – nicht besonders objektiv also.

Mit einem Streich schwächen wir – evolutionär betrachtet – auch noch etwaige Rival:innen und sichern unseren sozialen Status in der Gruppe und so das eigene Überleben.  Diese kleine Manipulation wird erst dann zum Hindernis, wenn sie systematisiert wird und sich zu einer Doppelmoral verselbstständigt. Das Beispiel des Slutshaming bringt die Ungerechtigkeit auf den Punkt. Ich urteile und vor allem verurteile ein Verhalten auf der Basis auf von Maßstäben die ich an mich selbst richte und von dort aus auch auf alle anderen Frauen.

Im Grunde muss ich mich also nicht fragen, wie ich über eine andere Frau denke, sondern wie ich über mich denke. In dem Moment verstricken wir uns in etwas, das eigentlich für Ordnung sorgen sollte und doch wieder nur alles schwarz und weiß sieht. Der Weg heraus? Gleichberechtigt über alles und jeden lästern oder eben auch einfach mal nichts sagen.

What’s next

Wir haben den Salon zum Anlass genommen, gemeinsam über unser Lästerverhalten zu reflektieren. Dabei haben wir festgestellt, dass 100% von uns hin und wieder lästern. In den kommenden Wochen wollen wir u. a. gemeinsam mit euch überlegen, was Lästern für euch bedeutet, wie – auch öffentlich – über Frauen gesprochen wird, was Misogynie damit zu tun hat, wie wir mit Komplimenten umgehen und ob es nicht eigentlich ein Plädoyer fürs Lästern braucht. Wir freuen uns auf eure Gedanken!


Zur Sprache auf diesem Blog: Immer, wenn wir Genderbezeichnungen nutzen, beziehen wir uns gleichermaßen auf trans wie cis Menschen. Uns ist bewusst, dass die von uns verwendeten Begriffe soziale Konstrukte sind und es mehr als zwei Geschlechter gibt. Um gendersensible Sprache zu verwenden, nutzen wir den Doppelpunkt. Falls wir über eine Person schreiben, die sich eine andere Selbstbezeichnung wünscht, verwenden wir diese.

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