Altersvorsorge,  Salonthema

Altersvorsorge für Frauen

Zu dem Thema „Altersvorsorge für Frauen“ kam ich wie die berühmte Jungfrau zum wundersamen Kinde. Auf der Suche nach neuen Salonthemen waren die meisten Themenvorschläge tendenziell in der physio-, psycho- und soziologischen Rubrik beheimatet und/oder hatten mit Kultur und Historie zu tun. Nur ein Thema, das sich mehrere Frauen gleichermaßen dringend wünschten, blieb mir nachdrücklich im Gedächtnis: Altersvorsorge für Frauen. Ich war von der Sinnhaftigkeit des Themas im selben Maße überzeugt wie ich gleichzeitig von der trockenen und fachkompetenzlastigen Dimension des Ganzen abgeschreckt war.

Blaupause für den Umgang von Frauen mit Altersvorsorge

Als Anfang März die Frage im Raum stand, wer den nächsten Salon ausrichtet, wollte ich mich am liebsten mit einem Thema aus den erstgenannten Kategorien melden. Und im selben Augenblick fühlte ich mich von mir selbst ertappt: Bloß nicht die Komfortzone verlassen! Dieser Impuls wirkte auf mich wie eine Blaupause für den Umgang von Frauen mit Altersvorsorge. Jede weiß, oder ahnt zumindest, dass dies eine bedeutsame Thematik ist, aber kaum eine stellt sich ihr. Ich komme nicht umhin, hier gewisse Parallelen zu dutzenden anderen Lebensthemen zu erkennen, denn wenn es z. B. um gesunde Ernährung, Rauchen, Eheverträge, Persönlichkeitsentwicklung oder Emanzipation von irgendwem oder irgendwas geht, dann wissen die meisten Menschen, dass sie die Themen angehen sollten, dass die Beschäftigung mit ihnen positive Effekte für ihr Sein hätte. Aber nur manche bringen die notwendige Energie auf, die Grundsteine für den potenziellen Mehrwert zu legen. Es scheitert nicht zuletzt auch an der menschlichen Psyche, die viel näher an ihrem „Jetzt-Ich“ als an ihrem „Zukunfts-Ich“ ist, so dass man vom jetzigen Ich konsequent sabotiert wird.

In der Vorbereitung des Themas kristallisierte sich der historische Aspekt als ein Grund dafür heraus, dass nach wie vor Frauen eine  Zurück- bis Verweigerungshaltung bezüglich ihrer Altersvorsorge einnehmen.  Noch vor 100 Jahren wäre die Verwaltung des Haushaltsgeldes das höchste der finanziellen Souveränitätsgefühle beim vermeintlichen schwachen Geschlecht gewesen. Es galt “sich gut zu verheiraten” und Kinder zu bekommen, damit für den Lebensabend irgendwie gesorgt ist, so man diesen nach zig Entbindungen und anderen Strapazen überhaupt erlebte. Wie im Rahmen des Themenzyklus‘ an einem FuckFact gezeigt wird, war und ist der Weg zu der Erkenntnis, dass Frauen in der Lage sind, ihre finanziellen Belange zu verantworten ein langer… Stück um Stück kann sich die jeweilige Legislatur alle paar Jahre und Dekaden das ein oder andere Zugeständnis hinsichtlich der finanziellen Selbstbestimmung und Gleichberechtigung von Frauen abringen (seit 1962 dürfen Frauen beispielsweise eigene Konten eröffnen). Mehr als der jeweilige Zeitgeist ertragen kann, wird dem (männlichen?) Volk dann aber nicht zugemutet und lieber aufgeschoben. Die bleierne und sich im Kreis drehende Langzeitdiskussion um durchgehende Parität und Quotierung scheint mir ein eindrücklicher Beleg hierfür zu sein. Wenn man aber immer draußen gehalten wurde und (ökonomische) Bildung für Frauen gerade mal knappe 100 Jahre alt ist, dann ist das einem wirkungsmächtigen System geschuldet, das sich sehr lange gänzlich auf das männliche Geschlecht als Anlage- und Vorsorgepartner ausrichtete, die Finanzkraft von Frauen transgenerationell schwächte und sie stattdessen, gerade in der BRD, in dem Glauben belassen wollte, dass „Vati“ alles schon regelt. Dann wundert es nicht, dass Frauen sich bis heute im klassischen ökonomischen Sektor als Kundin nicht wohlfühlen. Sie meiden ihn, weil ihre oft mangelnde Expertise sie davon abhält, sich beraten zu lassen, weil nicht selten ein gefühlter oder tatsächlicher „alter weißer Mann“ ihnen wenig wertschätzend die Welt versucht zu erklären und weil die Fachwelt der Finanzbranche für Außenstehende tatsächlich eine Komplexität aufweist, die der Raketenwissenschaft glatt Konkurrenz machen könnte.

Blick auf meine Altersvorsorge

Mir wurde klar, dass ich in der kurzen Zeit nicht die notwendige Expertise aufbauen, aber eine Expertin hinzuziehen und von meinem „Altersvorsorgewerdegang“ berichten kann. Dass ich vorsorgen muss, wurde mir klar, als ich mit Ende 20 einen Banker kennenlernte und dessen vertrauenswürdiger Bekannter aus der Versicherungsbranche mir mit Hilfe eines seiner Programme vorrechnete, wie meine Pensionszahlungen einst aussehen könnten – vorausgesetzt ich würde sämtliche meiner Berufsjahre in knackiger Vollzeit zubringen. Der Schock saß tief: Ich hätte dann viel Zeit und für ein Leben nach ständiger Berufstätigkeit vergleichsweise wenig Geld. Qua Gebärmutter und schon immer vorhandenem, aber auch lange aufgeschobenem Kinderwunsch, war jedoch klar, dass ich nicht gänzlich in Vollzeit werde durcharbeiten können. So begann ich mich mit 28 Jahren um meine Altersvorsorge zu kümmern. Bis 34 hatte ich mir eine gewisse Finanzkraft aufgebaut, die mit dem ersten Kind einbrach. Die darauffolgende Teilzeit, weil ich in derselben Stadt arbeitete, in der unser familiärer Mittelpunkt lag UND weil es sich so mehr “lohnte”, da mein sozialer Beruf natürlich schlechter bezahlt wird als der Beruf meines Mannes in der berühmten “freien Wirtschaft”, tat ihr Übriges. In meinem Fall zum Glück nur für wenige Jahre. Aber bei vielen Frauen öffnet sich die Schere in der Rentenversorgung mit circa Mitte 30 und lässt sich danach selbst mit aktivem Zutun und diversen Vorsorgebemühungen nur bedingt schließen. 

Ablauf des Salons und Ausblick auf den Themenzyklus

Daher war es mir mit Blick auf den Salon ein Anliegen, die soziokulturellen und historischen Aspekte sowie die absolute Dringlichkeit des Themas für jede Frau aufzuzeigen, aber eben auch ganz konkret erste Schritte anzudenken. Nach einem persönlichen Austausch über unsere finanziellen Situationen, schilderte die hinzugezogene Frau vom Fach anhand des gängigen Drei-Säulen-Modells wie jede Frau ihre Altersvorsorge selbst in die Hand nehmen kann. Gleichzeitig konnte sie Fragen zu Einzelheiten beantworten sowie einige Fallstricke aufzeigen. Spannend fand ich an dem Abend insbesondere den Einstieg in den Salon, da finanzielle Herkunft, Vergangenheit und Gegenwart bisher nur selten thematisiert wurden. Es offenbarten sich Facetten, die einfach nicht bekannt waren, weil man über sowas ja nicht wirklich spricht. Vielleicht sollten wir damit einfach mal in einer deutlich stärkeren Breite anfangen?

In den kommenden Wochen erwartet euch ein Potpourri zum Thema Altersvorsorge: Nach den Fuck Facts kommt ein Glossar mit den wichtigsten Begriffen, auf die ihr bei der Lektüre zurückgreifen könnt. Wir stellen euch das Drei-Säulen-Modell nochmal vor und hinterfragen – teils generationenübergreifend – die Herausforderungen beim Thema Altersvorsorge, denen Frauen zwischen 20 und 90 aus unterschiedlichen soziokulturellen Hintergründen begegnen.

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